Foto: Hanns Joosten

Nominierung BDA-Architekturpreis Nike 2010
Shortlist BDA-Architekturpreis Nike 2010
Preisträger BDA PREIS BERLIN 2009

Wohnhaus und Sammlung Boros

Berlin

Foto: Hanns Joosten

Wohnhaus und Sammlung Boros

Berlin
Projekt
Wohnhaus und Sammlung Boros
Architekt
REALARCHITEKTUR, Jens Casper, Petra Petersson, Andrew Strickland
Bauherr
Christian Boros

2003 erwarb der Wuppertaler Kunstsammler Christian Boros einen denkmalgeschützten Luftschutzbunker in Berlin-Mitte, um ihn als Wohnhaus für sich, seine Familie und seine Kunstsammlung umzubauen.

Der 1942 als massive Stahlbetonkonstruktion für die Reichsbahn errichtete Luftschutzbunker sollte Passagieren und Reisenden, die sich auf dem Bahnhof Friedrichstrasse aufhielten, Schutz bieten. Das heute denkmalgeschützte Gebäude geht auf eine Musterplanung von Karl Bonatz zurück.

Das funktional strukturierte Gebäude hatte ca. 3000 Sitzplätze auf fünf Etagen verteilt. Die innere räumliche Struktur ist axial symmetrisch aufgebaut, von 1,80m dicken Außenwänden und einer 3 Meter starken Stahlbetondecke umhüllt.

Durch die auf allen vier Seiten vorhandenen zwei Zugänge mit den dazugehörenden, ineinander geschachtelten Doppel-Treppenanlagen konnte eine große Anzahl von Menschen in kürzester Zeit in den Bunker gelangen.

Nach dem Krieg wurde das Gebäude umgebaut und diente als Gemüselager. Nach dem Mauerfall wurde es bis Mitte der neunziger Jahre als Club, später temporär für Ausstellungen genutzt.

Christian Boros erwirbt den Bunker 2003 und gemeinsam mit den Architekten beginnen die Planungen für einen Ort, an dem er mit seiner Familie, wie mit seiner Kunstsammlung wohnen und leben kann.

Die vorhandenen Räume im Inneren des Bunkers schienen in ihrer vorgefundenen Einfachheit zur Bespielung mit der Sammlung zeitgenössischer Kunst des Bauherrn geeignet. Auf allen fünf Geschossen erschloss ein durchgehender Rundgang je acht Kojen und einen Kranz von kleineren Räumen. Durch die strenge Symmetrie und Gleichartigkeit aller Räume, ergab sich ein Gefühl der Orientierungslosigkeit.

Anbauten, Mauern und Zäune wurden entfernt, das Gebäude wieder freigestellt. Die Fassaden des Bunkers sind gesäubert und in enger Abstimmung mit der Berliner Denkmalpflege konstruktiv instand gesetzt worden. Die Materialität des Bauwerkes mit allen wesentlichen Herstellungs-, Kriegs- und Gebrauchsspuren bleibt im Stadtraum physisch präsent. Der Zugang zur Sammlung erfolgt von der Reinhardtstrasse, die Wohnung wird über den parkseitigen Zugang im Westen (Albrechtstrasse) erschlossen.

In mehrmonatiger Arbeit sind aus der drei Meter starken Dachdecke des Bunkers etwa 150 Kubikmeter Stahlbeton gestemmt worden. Durch diese Öffnung werden die neuen Wohnräume über eine rohe Stahlkonstruktion, eine mit Streckmetall verkleidete Treppen- und Aufzugsanlage erschlossen.

Die geringe lichte Höhe der Räume im Inneren des Bunkers von 2 m bis max. 2,3 m machte Modifikationen notwendig. Mit Hilfe von Diamantsägen sind innerhalb des existierenden räumlichen Systems gezielt Decken und Wänden entfernt worden.

Die so entstandenen, teilweise ineinander verschachtelten Räume verbinden die Geschosse nun über die gesamte innere Höhe miteinander. Der beschriebene Rundgang bleibt erhalten.

In enger Zusammenarbeit mit den in der Sammlung des Bauherrn vertretenen Künstlern ist eine spezifische Bespielung der Sammlungsräume erfolgt. Neben dem Einzug der Sammlung in dafür geschaffene Räume, sind räumliche und strukturelle Wechselwirkungen zwischen Kunstwerk und Bauwerk entstanden.

Durch die Verbindung der Geschosse untereinander können Kunstwerke mehrfach wahrgenommen werden, so wird durch die Kunst eine Orientierung im Gebäude unterstützt. Die Wände werden nur teilweise verputzt. Die verschiedenen Bearbeitungstechniken und Oberflächenqualitäten des Betons – Schalungen und Fertigteile, Schnitte, Stemmen – bleiben sichtbar. Spuren der Geschichte des Gebäudes, Fragmente einer alten Lüftungsanlage und verschiedene gebliebene Graffiti erinnern an die vergangenen Nutzungen.

Für die Planung der Wohnräume wurden im Bunker vorgefundene Materialitäten und räumliche Motive interpretiert. Wird der Bunker von allseitig gleichartigen, massiven Wänden geschützt, so ist das neue Geschoss von einer allseitig gleichartigen, aber in mehrere Schichten (Vorhänge, Stahlglasfassade, Sonnenschutzelemente) aufgelöste Fassade umhüllt.

Durchgängig 3,75m hohe Stahlbetonwände und die Stahl- Glasfassade tragen das in Teilen weit auskragende Stahlbetondach mit 26 Metern Seitenlänge stützenfrei. Die gesamte Wohnung wird von einem offenen, „fließenden“ Wohnbereich durchmessen. In dessen Zentrum befindet sich ein galerieähnlicher Raum, mit dem die Sammlungsräume bis in die Wohnung weitergeführt werden. Zum offenen Wohnbereich gehören neben dem Galerieraum, die auf ein Podest gesetzte offene Küche, ein Wohn- und Essbereich mit einem offenen, frei von der Decke hängenden Kamin, ein kleiner Arbeitsraum sowie ein leicht zurückgezogener Bereich, von dem aus Kinder- und Schlafzimmer, Bäder, und Ankleide erreicht werden. Tageslicht fällt über Oberlichter in innenliegende Räume.

Im Süden und im Westen springt die Glasfassade weit hinter die Dachkante zurück. Die Wohnräume sind umgeben von Terrassen und intensiv bepflanzten Gärten. Für ein Wasserbecken, welches zum Baden benutzt werden kann und zusätzlich Sonnenlicht in den Innenraum reflektiert, wie für die Bäume in den Gärten, wurden Vertiefungen in die 3-Meter-Decke gegraben.

An der Dachkante verschiebbare Sonnenschutzelemente schützen unter dem Dach liegenden Außenräume. Schrankeinbauten, Türen und Wandverkleidungen sind aus geräucherter Eiche gebaut. Muschelkalk ist in verschiedenen Bearbeitungen eingesetzt: gegen das Lager gesägt für die Fußböden, im Lager gesägt für Waschbecken, Badewanne und die Arbeitsplatte in der Küche, bossiert für die Verkleidung der Wände in den Duschen, und letztlich gebrochen als Splitt zur Abdeckung des Substrats für die Intensivbegrünung in den Gärten.

Nominierung

BDA-Architekturpreis Nike 2010

Shortlist

BDA-Architekturpreis Nike 2010 – Nike für die beste atmosphärische Wirkung

Preisträger

BDA PREIS BERLIN 2009 – BDA PREIS BERLIN 2009