© Edward Beierle

Preisträger BDA Preis Bayern 2010
Nominierung BDA-Architekturpreis Nike 2010
Shortlist BDA-Architekturpreis Nike 2010
Preisträger Regionalpreis Niederbayern-Oberpfalz 2009

Birg mich, Cilli!, Viechtach, Viechtach

Viechtach

© Edward Beierle

Birg mich, Cilli!, Viechtach, Viechtach

Viechtach
Projekt
Birg mich, Cilli!, Viechtach, Viechtach
Architekt
Peter Haimerl, München

Preisträger

BDA Preis Bayern 2010 – Umbau

Ein altes Bauernhaus im Bayerischen Wald, nahe Viechtach inmitten von Wald und Wiesen gelegen, stand seit 1974, dem Todesjahr der letzten Bäuerin Cilli Sigl, leer. Ignoranz und mangelnde Wertschätzung gegenüber den baulichen Zeugnissen einer alten, ärmlichen Zeit haben im Bayerischen Wald zum Verlust der architektonischen Tradition geführt – die Region wird mit folkloristischen Häusern verbaut, und Platz für das Alte findet sich beinahe nur noch in Museumsdörfern. Gegen diese Verödung wollte die neue Eigentümerin gemeinsam mit dem Münchner Architekten Peter Haimerl ein Zeichen setzen. Das Konzept beruhte darauf, den Bestand — wie ruinös auch immer er sein mochte — zu wahren und in die Struktur des alten Bauernhauses «Cilli» minimal einzugreifen. Die Räume des Altbaus blieben wie sie waren, es wurde kaum Bestehendes entfernt – das galt für die Fenster, den alten Putz, die Bodenfliesen und andere Einbauten. Musste doch etwas aus dem Bestand entfernt werden, so entstanden aus dem recycelten Material Möbel. In vier zentralen Räumen wurden Betonkuben platziert, in denen das neue Leben stattfindet: Stube, Küche und Bad im Erdgeschoss, das Schlafzimmer im Obergeschoss. Diese Kuben wurden aus wärmedämmendem Sichtbeton geschalt; der Zuschlag aus Blähglas ist eine Anspielung auf eine im Bayerischen Wald anzutreffende geologische Formation, die als «Quarzkeil» die Landschaft unterirdisch durchzieht. Die neuen Kuben verdecken indes nicht das Alte, sondern machen es durch rahmenartige Öffnungen in Wänden, Boden und Decke gleichsam bildhaft sichtbar. So ergeben sich Blicke auf die historischen Wände mit ihren alten Holzfenstern, auf den Lehmboden oder – mittels der Aussparungen in der Decke, die mit Klappen geschlossen werden können – in den Dachstuhl. Alle Kuben sind mit Fußbodenheizung versehen, die über einen Kamin in Gang gesetzt wird; analog zum Wohnen in alten Bauernhäusern wird winters der Wechsel zwischen den beheizten Stuben und dem kalten Hüllraum erlebbar. Voraussetzung für diese Strategie war es, nicht das gesamte Raumvolumen einer ganzjährigen Nutzung zu unterwerfen. Wie hier mit Geschichte und Tradition umgegangen wurde, erachtet die Jury als vorbildlich. Reparatur und subtile Intervention führen zu einem spannungsvollen Dialog zwischen Alt und Neu – voller Charme und Poesie. Wie ein Gefäß umhüllt, stützt und schützt der Bestand die puristischen und doch sinnlichen Einbauten – ein Gedanke, der seinen Ausdruck im Namen des Projekts findet: «Birg mich, Cilli!»

Nominierung

BDA-Architekturpreis Nike 2010

Shortlist

BDA-Architekturpreis Nike 2010 – Nike für die beste atmosphärische Wirkung

Preisträger

Regionalpreis Niederbayern-Oberpfalz 2009 – Regionalpreis Niederbayern – Auszeichnung

Bewertung der Jury

Der bequeme Weg wurde hier nicht gewählt! Nicht Abriss, sondern Erhalt – wie ruinös auch immer der Bestand sein mag – war das Konzept. Die Umsetzung erfolgte in Form von Implantaten aus Betonkuben, die in das Bauernhaus von 1840 eingefügt wurden. Diese in einzelne der vorhandenen Räume gesetzten Kuben aus wärmedämmendem Sichtbeton bilden zeitgemäß nutzbare Raumzonen und dienen gleichzeitig der Stabilisierung des Bestandes. So konnten sowohl die Struktur des Hauses und charakteristische Bestandteile wie alte Putzflächen, Fenster und Bodenfliesen erhalten bleiben. Durch schön proportionierte Öffnungen in den Betonkuben ergeben sich spannende Durchblicke – auch ins Obergeschoss. Durch diese Sichtverbindungen werden Alt und Neu überzeugend miteinander verzahnt. Das Innenleben des Hauses erhält einen überraschend offenen Charakter, respektiert dabei gleichzeitig den Bestand. Der Grundgedanke, Bestehendes zu bewahren, wird bis in die Ausbaudetails fortgeführt, indem aus dem Bestand abgebautes Holz zur Herstellung von Möbeln wieder verwendet wurde. Die Interpretation des Themas Sanieren und Wiederbeleben alter Bausubstanz fragwürdigen Zustandes ist hier auf individuelle, geistreiche und gestalterisch äußerst interessante Weise gelungen. Neues ist deutlich ablesbar und trotzdem integriert und gleichsam mit dem Bestand verwoben.